Aus der Geschichte von Winkel
Die früheste urkundliche Erwähnung eines Ortes erfolgt oft erst lange Zeit nach seiner Gründung, weil die Überlieferung von mancherlei Zufällen abhängt. Weiter zurück in die Frühgeschichte weisen meist die Funde bei Ausgrabungen, im Fall von Winkel die grossflächige Anlage des römischen Gutshofes bei Seeb aus dem 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. An der Römerstrasse von Turicum (Zürich) an den Rhein und nur etwa 3 km nördlich der Strasse vom Legionslager in Vindonissa (Windisch) nach Vitudurum (Oberwinterthur) und Brigantium (Bregenz) gelegen, war der Zweck des Gutshofes vermutlich die Lieferung von Nahrungsmitteln an das Militärlager von Vindonissa. Was einfach begann, entwickelte sich bis zum Rückzug der Römer um ca. 350 n. Chr. zu einer grossartigen Anlage mit Herrenhaus, mehreren Wirtschafts- und Wohngebäuden und einem Brunnenhaus.
Der Name Winkel ist weder keltischen noch römischen Ursprungs. Das althochdeutsche Wort "winkil, winchel(e)" bedeutete schon im 7. Jahrhundert das Gleiche wie heute, nämlich "Winkel, Ecke, abseits gelegener oder verborgener Raum". Also kann man annehmen, dass die Siedlung wegen ihrer Lage in einem Geländewinkel, geformt durch die Gletschermoräne, so genannt wurde. Vom Vorhandensein des Dorfes Winkel erfährt man urkundlich erst im Jahre 1044 und das auch nur auf dem Umweg über eine Persönlichkeit. Damals vergabte Hunfried, Domherr zu Strassburg, sein väterliches Erbgut in Embrach an die Strassburger Kirche. Als Zeugen liess er eine grössere Zahl edelfreier Gefolgsleute aufmarschieren, unter ihnen Etto von Winkel, Lamprecht von Rorbas und Dietrich von Bülach. Diese drei Herren vertraten offensichtlich den Grundbesitz der gräflichen Familie in der Gegend zwischen Irchel und dem unteren Glattal. Etto von Winkel gehörte in eine jener zahlreichen edelsfreien Familien, die sich im 11. und 12. Jahrhundert im Raume zwischen Zürich und Rhein nachweisen lassen, sich nach den verschiedenen Dörfern benannten und weitgehend untereinander versippt waren. Dies erklärte die weite Streuung ihres Grundbesitzes, welche durch Erbteilungen und Heiraten zustande kam. Viele dieser Familien sind ausgestorben und haben vorher noch ihren Besitz an Gotteshäuser vergabt. Das bewirkte - wenigstens zum Teil - die starke Zersplitterung des Grundeigentums, wie sie bis vor der Güter- und Waldzusammenlegung für die Gegend von Winkel kennzeichnend war.
Das Gebiet von Winkel lag im Mittelalter an einer Nahtstelle zwischen zwei uralten Grosspfarreien. Von Seeb-Winkel betrug die Entfernung bis zur Laurentiuskirche Bülach drei Kilometer, von Rüti zur Marienkirche in Kloten dreieinhalb. Zudem befand sich im Wilenhof schon 1275 ein kirchliches Gebäude, das vom Leutpriester von Niederhasli betreut wurde.
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts gelangten auch Rüti und der Büelhof zur Kirchgemeinde Bülach. Als in der Revolutionszeit von 1798 die Munizipalitäten oder "Agentschaften" geschaffen wurden, nahm man, wo es tunlich erschien, die alten Kirchgemeinden oder Pfarreien zur Grundlage. Nur wo besondere Verhältnisse vorlagen, unter anderem stark entwickelte örtliche Selbstverwaltung oder sehr grosse Ausdehnung des kirchlichen Sprengels, ging man von dieser Regel ab. So wurde Winkel selbstständig. Die Bewohner widmeten sich fast ausschliesslich der Landwirtschaft mit Acker-, Obst- und Weinbau. Das Gewerbe war nur spärlich entwickelt. Seeb bestand im Spätmittelalter aus einer einzigen grossen Haushaltung, die seit damals wegen der Lage an der grossen Landstrasse eine Taverne betrieb. Der Gasthof "Zum Hecht" besteht also bereits über fünf Jahrhunderte und dürfte somit zu den ältesten, heute noch betriebenen Gasthäusern im Kanton Zürich gehören. Im 17. Jahrhundert entwickelte sich die Hofsiedlung zu einem grösseren Weiler.
1831 entstand Zürichs Kantonsverfassung. Aus den drei Zivilgemeinden Winkel, Rüti und Eschenmosen wurde eine Politische Gemeinde. Im Jahre 1919 wurde die Zivilgemeinde Eschenmosen von Winkel abgetrennt und der Politischen Gemeinde Bülach zugeteilt.
Unter den Neuerungen des 19. Jahrhunderts wäre auch das erste Schulhaus zu nennen. Nachdem die alten Dorfschulen von Winkel und Oberrüti nur in gemieteten Stuben gehalten wurden, erbaute man im Jahre 1819 ein Schulhaus. Es wurde 1859/60 abgebrochen und auf dem gleichen Platz durch einen Neubau ersetzt, der durch seinen schlanken Dachreiter mit Uhr und Glocke zu einem Wahrzeichen des Dorfes Winkel geworden ist.
Während Winkel seit alter Zeit an der grossen Landstrasse lag, die von Zürich über Kloten, Niderrüti, Seeb, Scheidweg nach Bülach und Eglisau führte, geriet der Ort im Zeitalter der Eisenbahnen verkehrsmässig ins Abseits. Als die Nordostbahn-Gesellschaft zu Anfang der 1860er Jahre eine Linie von Zürich nach Bülach mit einer Abzweigung nach Dielsdorf projektierte, sollte diese über Kloten und Seeb gebaut werden und im Scheidweg eine Station erhalten. Winkel bewilligte den nötigen Beitrag, doch wollte das viel reichere Kloten nicht mitmachen, sodass die Bahn über Rümlang und Niederglatt nach Bülach geführt wurde.
Erwähnenswerte Werke seit Beginn des 20. Jahrhunderts:
1904 Erstellung der Hauswasserversorgung
1911 - 1926 Bau und Ausbau verschiedener Strassen
1915 Einführung der elektrischen Beleuchtung
1963 Bau des Schulhauses Rüti
1973 Bau des Schulhauses Grossacher mit Lehrschwimmbecken
1976 Umbau des alten Schulhauses Winkel in ein Gemeindehaus
1996 Bau des Dorfzentrums Breiti mit neuem Postgebäude, einem grossen Saal und einem Gasthof
Von grösserer Bedeutung für die gesamte Gemeinde wurde nach dem Zweiten Weltkrieg der Bau und die schrittweise Vergrösserung des Flughafens Zürich, der vielen Gemeinden durch den Zuzug von Arbeitskräften ein gewaltiges Wachstum brachte. Auch Winkel wurde zu einer "Flughafengemeinde" mit zahlreichen neuen Aufgaben.
Wappen
Gespalten von Rot und von Silber mit zwei schwarzen Sparren
Winkel führt das redende Wappen der ausgestorbenen Schaffhauser Familie von Winkelsheim, die von den Chronisten Stumpf und Rüeger mit diesem Dorf in Beziehung gebracht wurde.
Der älteste Beleg findet sich in der Klosterkirche Königsfelden. Es ist das Wappen der bei Sempach gefallenen Brüder Hans und Ulrich von Winkelsheim. Im Gegensatz zur heutigen Darstellung liegen hier die Sparren - vom Beschauer aus gesehen - in der linken Schildhälfte.
Ein von 1499 datiertes Wappen Winkelsheim im Kloster Sankt Georgen zu Stein am Rhein zeigt die Sparren in der rechten Schildhälfte. Diese Form hat sich in der Folge durchgesetzt und ist in Wappenbüchern, auf der Grabplatte des Abtes David von Winkelsheim zu Sankt Georgen (1526) und auf Wappenscheiben überliefert. Auf einem Windlicht von 1836 erscheint für Seeb und Winkel ein anderes Dorfwappen: eine Rose (Seeb), begleitet von einem Winkelmass.
Durch Gemeinderatsbeschluss vom 22. April 1930 übernahm die Gemeinde Winkel endgültig das Wappen Winkelsheim.
In Silber zwei gekreuzte schwarze Reuthauen mit roten Stielen
Im Westfenster der Kirche Bülach wurde um 1870 eine Glasscheibe mit dem Wappen der Zivilgemeinde Rüti angebracht. Ältere Belege sind nicht bekannt. Das Wappen zeigt zwei Reuthauen, welche auf die Bedeutung des Ortsnamens hinweisen.
Der Gemeinderat Winkel stimmte diesem Wappen am 27. Februar 1989 zu.
In Schwarz eine silberne Rose mit goldenem Butzen und grünen Kelchblättern
Das Wappen geht auf eine Adelsfamilie "von Sewen" zurück, über deren Zuordnung nichts Genaues bekannt ist. Der älteste Beleg erscheint im Wappenbuch Gerold Edlibachs (um 1490) und ist unmittelbar neben dem Schild der Familie "von Winkel" platziert. Der Chronist Johannes Stumpf brachte als Erster die Familie "von Sewen" mit der Siedlung Seeb in Beziehung und druckte das Adelswappen in seiner Chronik ab. Verschiedene Chronisten und Kartographen des 16. bis 18. Jahrhunderts, unter anderen Aegidius Tschudi, Jos Murer, Hans Conrad Gyger und Johann Friedrich Meiss, nahmen diese Zuordnung zu Seeb in ihren Werken und Karten auf.
In allen alten Wappenwiedergaben erscheint eine silberne Rose auf schwarzem Grund. Der älteste Beleg bei Edlibach zeigt in Schwarz eine grüngestielte, silberne Rose mit goldenem Butzen und grünen Kelchblättern. Bei späteren Darstellungen des Wappens weicht die Zahl der Blütenblätter zum Teil ab und bewegt sich zwischen vier und sieben. Die meisten Wappenbelege weisen eine grüngestielte Rose mit goldenem Butzen und grünen Kelchblättern auf. Einzig Hans Conrad Gyger weicht davon deutlich ab, indem er auf seiner Karte 1667 als Seebner Wappen eine silberne Rose mit silbernen Kelchblättern hinmalte und auf Stengel und Blätter verzichtete.
Ein für Winkel und Seeb gemeinsames Wappen ist von einem Windlicht aus dem Jahr 1836 überliefert. Winkel steuerte in das Wappen ein Winkeleisen, Seeb hingegen die übliche Rose bei. Um 1937 wurde in der Schule Winkel ein Wappen verwendet, welches in einem geteilten Schild zwei verschlungene Schwanenhälse und eine Seerose zeigte. Ein Schwanenhals bildete ursprünglich die Helmzier des Adelswappens "von Sewen". Die sonst gängige Rose wurde in Anklang an den ehemaligen und für Seeb namengebenden See in eine Seerose umgedeutet. Dieses Wappen entsprach nicht den heraldischen Regeln.
In das bereinigte Ortswappen Seeb wurde die silberne Rose mit goldenem Butzen und grünen Kelchblättern übernommen. Hingegen wurde auf den grünen, zweiblättrigen Stengel verzichtet, da sich die Farbe Grün nicht gut vom schwarzen Grund abhebt und bereits andere Zürcher Ortswappen eine Rose auf grünem, zweiblättrigem Stengel aufweisen.
Der Gemeinderat Winkel stimmte diesem Wappen am 27. Februar 1989 zu.